Zinsschock

Für Privatanlegerinnen und -anleger sind die steigenden Zinsen erst einmal ein Grund zur Freude. Anleihen bieten sich endlich wieder als lohnende Alternative zu Aktien an. Für die Emittenten von Anleihen sind die steigenden Anleiherenditen hingegen keine gute Nachricht. Die Zeiten des billigen Geldes sind eindeutig vorüber. Die neue Normalität setzt u.a. den Staaten schwer zu. Je nach Bonitätseinstufung durch die Ratingagenturen müssen sie für die Aufnahme neuer Schulden am Kapitalmarkt höhere Zinsen bezahlen.

Das belastet die Länder weltweit in einer Zeit, in der mit Pandemie, Klimakrise, Ukraine-Krieg, einem unberechenbaren China und dem Krieg in Nahost eine Krise die nächste jagt. Jede Krise kostet die Staaten Geld, das sie am Finanzmarkt nun zu höheren Zinsen aufnehmen müssen. Ein Beispiel: In Deutschland betrugen die Zinskosten 2021 vier Milliarden Euro und waren damit so niedrig wie noch nie. Dieses Jahr werden sie voraussichtlich auf 40 Milliarden Euro steigen und damit ein Ausmaß wie während der Finanzkrise 2008 erreichen.

Dabei vergeben die drei großen Ratingagenturen Fitch, Moody´s und S & P an Deutschland die sehr gute Bonitätsnote „AAA“. Damit gilt das Land als guter Schuldner und bekommt daher zu einem niedrigeren Zinssatz Geld an den Kapitalmärkten. Italien wurde hingegen 2022 von Moody´s auf „Baa3“ herabgestuft, Fitch und S & P vergeben ein gleichwertiges „BBB“ – eine Stufe über „Ramsch“- Niveau“. Das nächste Italien-Rating von Moody´s steht am 17. November an. Eine weitere Herabstufung würde bedeuten, dass die Ratingagentur von einem Investment in italienische Staatsanleihen abrät.

Auch die USA verloren bereits ihr Triple-A. Erst im August hatte Fitch sie auf „AA+“ herabgestuft und folgte mit diesem Schritt S & P. Eine Einstufung der EU gibt es noch nicht, doch auch hier schlägt der Zinsschock durch. Über den Corona-Wiederaufbaufonds „Next GenEU“ gibt die EU immer wieder neue Gemeinschaftsanleihen aus und reicht sie an ihre Mitgliedsstaaten weiter. Sie sollen mit dem Geld den grünen und digitalen Umbau finanzieren. Bis 2024 werden sich dafür die Zinsausgaben im EU-Haushalt auf rd. vier Milliarden erhöhen, bis 2030 könnten sie auf rund elf Milliarden anwachsen.

Ob man sich als Anlegerin oder Anleger unter diesen Gesichtspunkten tatsächlich über die steigenden Zinsen bei Anleihen freuen kann?

Quellen:

Handelsblatt, 27./28./29./10.2023, S. 10: „Wann erfasst der Zinsschock die EU?“
Handelsblatt, 27./28./29./10.2023, S. 6/7: „Anleihen: Beben an den Märkten“
Tagesschau, 26.09.2023: „Wie kreditwürdig sind welche Staaten?“. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/ratings-ts-100.html
Tagesschau, 02.08.2023: „Ratingagentur Fitch entzieht USA Bestnote“. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/usa-rating-fitch-herabstufung-100.html

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